Wer will sie nicht: gelungene Umsetzungen? Das lang anvisierte Ziel erreichen, die angestrebte Strategie Realität werden lassen, das Projektergebnis vor sich sehen oder den Markteintritt mit der Innovation als gelungen feiern.
Umsetzungs-Momentum – 3 Prinzipien
Was zeichnet A-Performance-Umsetzungen aus, die einen RoEx® haben, der kontinuierlich steigt und sich im Schnitt auf einem Niveau von 0,7-0,8 bewegt?
3 Grundprinzipien sind Basis für A-Performance-Umsetzungen:
I. Tiefgang
II. Zielbilder und
III. Umsetzungspolitik.
Zunächst ein Blick auf diese 3 Prinzipien für High-Performance-Umsetzungen, bevor genauer auf die 5 Performance-Typen (A-E) und deren RoEx®-Spannweiten eingegangen wird.
Prinzip I: Konzeptionstiefe - Umsetzungsmanagement
Die meisten Umsetzungen haben einen schlechten RoEx® aufgrund mangelnder Konzepttiefe. Sie scheitern, weil die Dinge nicht tief genug durchdacht wurden und nicht ausreichend oder überhaupt nicht vom Ende her, d. h. vom Ergebnis kommend, gearbeitet wurde. Es sind die guten Strategien, die an der Oberfläche klar sind, bei denen aber in der Folge keiner weiß, was er genau tun soll – das WHDJG-Phänomen („Was-heißt-das-jetzt-genau“- Phänomen). Oder es sind die Projekte, bei denen mehr Augenmerk auf Meilensteine und Pläne gelegt wird als auf das eigentliche Ziel: das Erreichen bestimmter Ergebnisse.
Beispiel: Die Strategieumsetzung eines Automobilzulieferers
Phase I: Nach harten Workshops, denen gründliche Analysen und Szenarienarbeit vorausgingen, wird eine gute Strategie entwickelt. Stärken und Schwächen werden herausgearbeitet, Märkte, aus denen man sich zurückziehen will, wurden genauso bestimmt ebenso wie diejenigen, in denen attraktives Wachstum möglich ist. Die dafür nötigen Produktleitlinien sowie neue Post-Sales-Aktivitäten zur Sicherung der Wettbewerbsposition werden herausgearbeitet. Die Strategie steht.
Phase II: Die Strategie wird kommuniziert und dem operativen Management vermittelt, so dass dort Business- Cases, Umsetzungs- und Mittelfristplanungen angegangen werden können.
Phase III: Große Zusammenkunft. Beim Kick-off für HORIZONT, so der Programmname, stellt das Top-Management allen Beteiligten die Strategie vor. In Gruppen-Sessions bespricht die Programmsteuerung mit den operativen Managern die Umsetzungs-Zwischenziele, regelt die Programm-Mechanik und vereinbart Meilensteine. Die einzelnen Projekte stehen, und es kann losgelegt werden.
Es beginnt eine alltägliche „E-Performance“ (siehe Abb. 3). Häufig sieht der weitere Verlauf wie folgt aus: Die einzelnen Projekte starten, jedes Teilprojekt hat seine Zielgrößen und Meilensteine und richtet guten Willens seine Aktivitäten daran aus. Jeder hat „seine“ Themen und Probleme zu lösen, Ampeln schalten auf Gelb, auf Rot, werden mit Gegenmaßnahmen adressiert und springen wieder auf Grün. Alles wird an das Programm-Management reportet.
Was dabei passiert: Die Projekte haben so im Laufe der Zeit immer weniger miteinander zu tun! Das eigentliche Ziel, die Umsetzung der Strategie, gerät immer mehr aus dem Fokus. Es wird sich mehr auf das Verfolgen von Einzelplänen konzentriert. Zudem streben Projekte immer weiter auseinander: Sie werden zunehmend isoliert, sind nicht mehr verzahnt, meist nicht einmal mehr synchronisiert.
Abstimmungsschwierigkeiten, Redundanzen genauso wie „schwarze Löcher“ treten auf. Rechtfertigungs- und Schuldzuweisungen für mangelnden Progress sind die nächste Stufe, bis sich jedes Teilprojekt nur noch „um seinen Kram“ kümmert. Im schlimmsten Fall kommt es sogar zu negativer Politik, und die ganze Umsetzung wird für gescheitert erklärt. Glücklicherweise ist dies nicht häufig der Fall, so dass hier und da nachgesteuert werden kann und man das „Kind“ dann doch noch über die Ziellinie bringt. Alles ist gut – außer, dass es hätte einfacher, schneller und mit wesentlich weniger Aufwand gehen können.
Wie hätte es anders laufen sollen? Es fängt mit dem Kick-off an, der rein WIE-orientiert war,. Was sie brauchen, ist eine konsequente „WAS-Orientierung“.
Der Schlüsselfaktor „Tiefgang“ setzt voraus, dass Sie konsequent vom Ergebnis her denken und arbeiten. Und zwar im Detail. „Selbstverständlich, machen wir doch!“, höre ich stets. Gehen Sie selbstkritisch heran, nur bei 20-25 % der Umsetzungen geschieht das.
Ganz praktisch bedeutet dies, dass Sie, bevor aus einer Zielsetzung, einer Strategie heraus geplant und losgelegt wird, ein fundiertes Umsetzungskonzept brauchen.
Ein Umsetzungskonzept beschreibt in einer modellhaft kompakten, sehr durchstrukturierten Art und Weise, was zukünftig anders wird. Je nach Projekt-/Umsetzungs-Komplexität hat ein Umsetzungskonzept, von uns auch gerne „Umsetzungs-Bibel“ genannt, 20 bis 60 Seiten Umfang.
Wichtig ist ein pyramidaler Aufbau: Von Gesamtmodellen des Unternehmens her kommend, werden die Modelle auf die einzelnen Bereiche oder gar Abteilungen heruntergebrochen.
Im Geschäftsmodell wird die grundsätzliche Mechanik beschrieben, im Wertschöpfungsmodell dasjenige, was jeder Bereich in welcher Art leisten wird, mit einem Führungs-/Steuerungsmodell, wie diese Wertschöpfung zukünftig gemanagt wird, und schließlich, wie sie anhand von Mengenstrukturen das ganze sourcen (Sourcing-Modell) werden und sich dafür aufstellen müssen (Organisationsmodell).
So beschreiben Sie in diesen Modellen die einzelnen „Puzzle-Stücke“ der zu schaffenden Zukunft. Sie formulieren logisch, modelhaft und sehr strukturiert das Ergebnis, d. h. das „Was“, das geschaffen werden soll – nicht das „Wie“. Und alle Bereiche, auch unterstützende wie IT oder Finanzen, haben dabei ein Wertschöpfungsmodell, mit dem sie einen Beitrag leisten. Kein Beitrag, keine Wertschöpfung oder zumindest konkrete Unterstützung dafür – keine Daseinsberechtigung.
Auf diese Art und Weise lernt eine Organisation im Rahmen einer Umsetzung, das „Was“ genau zu durchdenken und sich mit dem Ganzen und dem einzelnen Puzzle-Teil intensiv auseinanderzusetzen – das spart am Ende nicht nur erheblich Zeit, sondern erzeugt vor allem auch die notwendige Sicherheit, dass jeder genau weiß, was warum gemacht wird.
Vorgehenspläne geben dabei nur Pseudo-Sicherheit. Umsetzungskonzeption hat nichts mit Planung zu tun.
Wie detailliert Sie in Ihrem Umsetzungskonzept arbeiten müssen, hängt von zwei Faktoren ab:
1.) Wie hoch ist die Unsicherheit über das „Was“ in Ihrer „Mannschaft“?
2.) Wie lange dauert die Umsetzung bzw. wie weit muss das Vorstellungsvermögen der Beteiligten reichen?
Je höher die Unsicherheit über das „Was“, je ausgeprägter bei einer Strategie beispielsweise das WHDJG-Phänomen, desto detaillierter und konkreter müssen Sie werden.
Je länger die Umsetzungsdauer ist, desto schwieriger tun sich Menschen damit, sich vorstellen zu können, was genau gemeint ist und was sich exakt wie verändern muss. Sie müssen dafür sorgen, dass die Konkretisierung in die normalverteilte Denk-/Vorstellungs-Distanz von 6-9 Monaten passt.
Kalkulieren Sie je nach Umsetzungskomplexität 2-4 Wochen für ein gutes Umsetzungskonzept. In einer der nächsten Secrets of EXECUTION® (SoE) werde ich Ihnen ein Vorgehensmodell zur Erstellung eines solchen an die Hand geben.
Prinzip II: Zielbilder - Umsetzungsmanagement
Diese konzeptionelle Basis, der notwendige „Tiefgang“, sorgt für Sicherheit und Klarheit und schafft somit die Basis für eine produktive Umsetzung.
Dadurch allein entsteht kein Umsetzungs-Momentum, und ihr RoEx® würde weiter nur Durchschnitt bleiben. Logik bringt Menschen zum Nachdenken, Emotionen bringen sie zum Handeln. Ein Umsetzungskonzept ist im wahrsten Sinne des Wortes rein logisch.
Erinnern Sie sich an richtige gute Umsetzungsvorhaben aus Ihrer Vergangenheit: Immer gab es ein zugkräftiges Element, eine klare Vorstellung von dem, was geschaffen werden soll. Und zwar nicht auf der Sach-/Logik-Ebene, sondern auf der emotionalen Ebene. Die Mannschaft „brannte“ für das Projekt. Sie wollte das Ergebnis erreichen.
Wenn Sie eine High-Performance-Umsetzung wollen, müssen Sie genau diese emotionale Zugkraft auf die Logik „aufpfropfen“. Achtung: Ohne den konzeptionellen Unterbau erzeugen Sie etwas, das ich „Change-Chaos“ nenne (siehe Abb. S. 10).
Sorgen Sie aktiv für emotional aufgeladene Zielvorstellungen, „Zukunftsfilme“ – insgesamt, für jeden Bereich, jedes Teilprojekt oder gar jede Abteilung. Die Mannschaft, zumindest die kritische Menge, muss „sehen“ können, wie das Ergebnis aussieht, wie es sich sozusagen anfühlt, wenn man fertig ist, was anders, was neu ist.
Der Vertriebschef muss „sehen“ und „spüren“ können, was die abstrakte Beschreibung der neuen Kundenorientierung bedeutet. In diese Vorstellung passend (Puzzle!), „sieht“ der IT-Manager, wie das, was in den Konzepten beschrieben ist, zukünftig (in 2 Jahren) gelebt wird, und der „Zukunftsfilm“ des Leiters Kundenservice fügt sich schlüssig in dieses Gesamtbild.
Das passiert nicht von selbst – sie müssen sich aktiv um die „Generierung“ dieser „Bilder“, dieser „Zukunftsfilme“ kümmern.
Ich habe zwei Arten von erfolgreichen Managern von A-Performance-Umsetzungen erlebt: diejenigen, die eine Begabung, ein natürliches Gespür, dafür haben und dies in Gesprächen und Workshops „einfach so“ machen, und die Mehrheit, die dieses Prinzip systematisch und gezielt managt.
Zwei Herausforderungen gilt es dabei zu meistern:
1. Jeder Verantwortliche braucht für seinen Bereich, sein Teilprojekt bei der Umsetzung einen klaren, eigenen für ihn passenden, authentischen Zukunftsfilm. Das erfordert, dass die Eigeninteressen der Beteiligten mit der Umsetzung insgesamt gezielt in Einklang gebracht werden müssen.
2. Der jeweilige „Zukunftsfilm“, das jeweilige „Zukunftsbild“ muss in die Denkdistanz der Verantwortlichen passen. Die durchschnittliche „Denkweite“, mit der Menschen Zukunftsvorstellungen für intrinsische Motivation antizipieren können, beträgt 6-9 Monate. Nur die wenigsten können mit Zukunftsbildern arbeiten, die „weiter weg“ sind. Die Schwierigkeit und damit auch die Kunst: Sie müssen Ihren Leuten dabei helfen, die für sie „passenden“, in ihrer Vorstellungskapazität noch möglichen Bilder zu generieren, bzw. ihnen dabei helfen, diese für sich zu entwickeln.
Der letzte Schleifstein besteht in der Prüfung, ob Steuerungsgrößen ihre Ergebnisgrößen signifikant beeinflussen.
Zum einen prüfen wir, ob eine Steuerungsgröße zwar hilfreich, aber nicht wirklich maßgeblich ist, um eine bestimmter Ergebnisgröße zu beeinflussen. So mag es der Fall sein, dass die Anzahl der Kundenbesuche zwar eine hilfreiche, aber keine maßgebliche Information ist, damit sich der Umsatz entwickelt. Hier müssen wir mutig und scharf nachdenken, um diese Größen zu eliminieren. Sehr viele KPIs blähen das System unnötig auf, weil sie lediglich informativ, hilfreich oder interessant, aber nicht notwendig sind.
Andererseits werden kritische Größen oft übersehen, wenn sie außerhalb der üblichen Erfahrungssphäre liegen. Diese Größen sind sehr häufig „weiche“ Größen, wie der „Motivationsgrad im Vertrieb“ oder der „wahrgenommene Unterstützungsgrad des Außendienstes durch den Vertriebsinnendienst“. Es gibt Menschen, die, wie etwa Steve Jobs, ein natürliches Talent, ein „Händchen“ dafür haben, ihren Managern und Teams die richtige Inspiration in genau der passenden Denkdistanz zu geben und so die notwendige Basis für Umsetzungs-Momentum zu erzeugen.
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass Sie für die Initialisierung der Zielbilder und deren erste vollständige Synchronisation mindestens 3-4 Ganztages-Workshops brauchen. Anschließend müssen Sie dafür sorgen, dass mindestens alle 2-4 Wochen über diese Zukunftsvorstellungen im Rahmen von Projekt-Reviews intensiviskutiert wird. Der „Halt“ für den Austausch darüber sind die Umsetzungskonzepte (1. Prinzip), so dass Fokus, Disziplin und Effizienz gegeben sind.
In einer der kommenden Secrets of EXECUTION® (SoE) werde ich Ihnen Verfahrensmöglichkeiten und Tools zur Erzeugung dieser Zielbilder an die Hand geben.
Prinzip III: Umsetzungspolitik - Umsetzungsmanagement
Kommen wir zum letzten der 3 Prinzipien: der Umsetzungspolitik. Selbst, wenn Sie mit guten Umsetzungskonzepten das Rückgrat einer A-Performance eingezogen und mit den richtigen Zielbildern die sprichwörtlichen Möhren auf richtiger Distanz aufgehängt haben, erleben Sie im Zweifel doch nur eine „Alltagsumsetzung“, eine E-Performance oder mit Glück einen „Lucky Punch“. Wenn
Sie einen RoEx® um 0,8 und einen „Umsetzungs-Flow“ gezielt herbeiführen wollen, ist, ob bewusst oder unbewusst betrieben, eine gezielte Umsetzungspolitik notwendig.
Gerade in Deutschland spalten sich hier häufig die Geister: Entweder erlebe ich reine Umsetzungspolitiker, die es maximal zu einer Push-Performance (siehe Box S. 9) bringen oder die „Change-Fraktion“, die dem Glauben anhängt, dass wenn alle verstanden haben, was zu erreichen ist, der Sinn klar sei, sich die Dinge schon finden werden. Letztere sind meist dann doch nur EPerformer oder „Lucky-Punches“.
Lernen Sie, gezielte Umsetzungspolitik zu betreiben! Was ist damit gemeint? Die rechts aufgeführten Zitate von Bergstraesser und Macchiavelli drücken in ihrer Kombination genau das aus, worum es bei guter Umsetzungspolitik geht. Ich vermeide hier bewusst den Begriff „Change-Management“, da mir dies mit seinen aktuellen Auswucherungen inflationär und sozusagen „verselbstzweckt“ begegnet.
Menschen haben ihre eigenen Interessen und Ziele, und das ist auch gut so. Sie müssen diese nur kennen, verstehen, müssen um die Fähigkeiten und Schwächen der Beteiligten sowie um deren Beziehungen und Verhältnisse zueinander wissen und das ganze Orchester bewusst und nicht „by accidence“ dirigieren. Gezielt und gekonnt! Ob Sie das als „geborener Politiker“ intuitiv tun oder sich dafür eine Politiklandkarte skizzieren und das Ganze wie ein Schachspiel durchdenken – das ist eine Frage des Stils und der eigenen Kompetenzen.